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Reformation & Wirtschaft

Evangelische Akademie Frankfurt
Begrüßung durch die Studienleiterin Frau Dr. Margrit Frölich
Evangelische Akademie Frankfurt
Mitveranstalter Dr. Gunter Volz (Profilstelle Gesellschaftliche Verantwortung, Evangelische Kirche Frankfurt am Main)
Evangelische Akademie Frankfurt
Prof. Dr. Rainer Anselm von der LMU München
Evangelische Akademie Frankfurt
Bärbel Thomin-Schäfer, Geschäftsführerin der abass GmbH, Langen
Evangelische Akademie Frankfurt
Rüdiger Senft, Leiter Corporate Responsibiltiy, Commerzbank Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Podiumsdiskussion

Die Veranstaltung hatte das Ziel, zum Ausklang des Jubiläumsjahrs der Reformation den Blick auf den Zusammenhang von Wirtschaft und Reformation. Dabei ging es um einen weitgehend unterbelichteten Aspekt, nämlich die Frage, inwieweit Martin Luthers Wirtschaftsethik eine Quelle der Orientierung für das Handeln im globalen Wirtschaftssystem des 21. Jahrhunderts bietet. Im Zentrum stand dabei die Frage: Was heißt unternehmerische Verantwortung heute? Inwieweit erlaubt Luthers Begriff des „ehrbaren Kaufmanns“ einen Bezugspunkt, um ethische Grundlagen aktuellen wirtschaftlichen Handelns zu beschreiben? Welche Spielräume und Handlungsmöglichkeiten hat der/die Einzelne überhaupt innerhalb des heutigen Wirtschaftssystems? Welchen Zwängen unterliegt die/der Einzelne innerhalb der Märkte und ihrer Dynamiken? Ziel der Veranstaltung war es, einen Dialog zwischen Theologie und wirtschaftsethischem bzw. –politischen Handlungsbereichen herzustellen. Als Referenten wirkten mit: Professor Dr. Rainer Anselm, Lehrstuhl für Systematische Theologie und Ethik an der LMU München; aus der Finanzwirtschaft Rüdiger Senft, Leiter der Corporate Responsibility der Commerzbank in Frankfurt am Main; als Vertreterin der Realwirtschaft die Gründerin eines mittelständischen Unternehmens der Softwarebranche aus der Rhein-Main Region, Bärbel Thomin-Schäfer, Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Firma abbas GmbH, Langen. Professor Anselm beschrieb Martin Luthers wirtschaftsethische Grundpositionen und hob hervor, welche seiner Ideen Impulse für die Ökonomie des 21. Jahrhunderts bieten kann, etwa im Umgang mit Geld und Ressourcen. Er erläuterte, dass Luther auch erste Überlegungen für eine Sozialcharta artikulierte, während er zudem den Begriff der Berufung säkularisierte. Eine auch heute noch zentrale Grundkategorie in Luthers wirtschaftsethischem Denken sieht Professor Dr. Anselm in dem Begriff des „Handelns am Nächsten.“ Wenngleich Luthers Denken in einem spezifischen historischen Kontext entstand, der sich nicht auf die globalen Wirtschaftsstrukturen der Gegenwart übertragen lässt, so lieferte Luther mit seiner Idee des „Handels am Nächsten“ laut Professor Anselm „ein Modell für eine staatliche Rahmengesetzgebung, die individuelle Entfaltungsmöglichkeiten bietet und dem Nächsten dient.“ In seiner Präsentation stellte Rüdiger Senft, der Leiter der Corporate Responsibility Abteilung der Commerzbank, vor, wie das moderne Verständnis von nachhaltiger Unternehmensführung seine Bank präge und wie es sich vor allem – insbesondere der Auswahl von Kunden und Investitionen – in Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft niederschlage. Tatsächlich ist die Commerzbank die einzige deutsche Bank, die seit 2016 im STOXX Global ESG Index aufgenommen wurde. So habe sich die Commerzbank, wie Rüdiger Senft berichtete, auch aus Nahrungsmittelspekulationen herausgezogen und finanziere statt Kohlekraftwerken längst Investitionen in erneuerbare Energien. Denn damit die Klimaziele erreicht werden, brauche es die Banken, so Senft. Allerdings, so der Leiter der Corporate Responsibility Abteilung, könne die Commerzbank nur dann ihr Nachhaltigkeitskonzept verwirklichen, wenn sie auch Profite erwirtschafte. Eindrucksvoll stellte die Unternehmensgründerin Bärbel-Thomin Schäfer die 25-jährige Geschichte ihres mittelständischen Unternehmens vor. Dabei habe für sie bis heute „Partnerschaftlichkeit“ im Umgang mit und bei der Auswahl von Kunden den Vorrang gegenüber der Gewinnmaximierung. Partnerschaftlichkeit, so Thomin-Schäfer, sei für sie verknüpft mit Luthers Idee vom „Handeln am Nächsten.“ Auch im Gemeinwesen engagiere sich ihr Unternehmen, ebenso wie in der Ausbildung von jungen Erwachsenen, die sich schwer damit tun, einen Ausbildungsberuf zu erlernen. Alle Referenten boten fundierte Einblicke in wirtschaftsethische Themen, deren Ausgestaltung in der Unternehmenspraxis bzw. dem von Werten der Nachhaltigkeit geleiteten Strategie eines global agierenden Finanzinstituts, wohingegen der Theologe Rainer Anselm den Transfer zwischen aktuellem Handeln in der Wirtschaft bzw. dem Finanzsektor und Martin Luthers Wirtschaftsethik herstellte. Die Abendveranstaltung mündete in einer lebhaften und sachkundigen Podiumsdiskussion, in der auch das anwesenden Publikum (70 TN) Gelegenheit hatte, sich zu beteiligen und Fragen an die Mitwirkenden zu richten. Im Publikum vertreten waren Experten aus dem Bankenwesen und Betrieben, darunter auch Vertreter/innen von Betriebsräten und Gewerkschaften, sowie eine breite an wirtschaftspolitischen und –ethischen Fragen interessierte Öffentlichkeit. Konzipiert und geleitet wurde die Veranstaltung in Kooperation von Dr. Margrit Frölich, Studienleiterin der Evangelischen Akademie Frankfurt, und Pfarrer Dr. Gunter Volz, Profilstelle gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Frankfurt am Main.