Das 11. Tehillim-Psalmen-Konzert im Juni 2018
Das 11. Tehillim-Psalmen-Konzert des Interreligiösen Chors Frankfurt widmete sich Psalm 19, der zu den sog. „Schöpfungspsalmen“ gezählt wird. Das heißt, in ihm wird Gott als Schöpfer der Welt und die Welt als Gottes großartige Schöpfung besungen, die durch ihre Schönheit vom Schöpfer kündet und ihn ehrt. Anders als in den polytheistischen antiken Religionen wird die Sonne in Psalm 19 nicht selbst als eine Gottheit verstanden. (Und selbst das außergewöhnliche, monotheistisch anmutende Gottesverständnis des ägyptischen „Ketzerkönigs“ Echnaton denkt ja die Sonne als Gottheit, wenn auch als die einzige, konkurrenzlose göttliche Wesenheit im Universum.)
Eine Gottheit ist die Sonne für den Dichter (oder war es eine Dichterin?) des 19. Psalms eben nicht, sondern „bloß“ ein Geschöpf. Jedoch auch kein niederes Geschöpf, keine bloße „Lampe“, wie im 1. Buch Mose (Kapitel 1, Verse 14-19), sondern ein herrliches Geschöpf, das in wunderbaren, recht unterschiedlichen Bildern geehrt wird: Sie sei wie ein Bräutigam, der aus seiner Kammer trete, wie ein Mensch in seinem Zelt und wie ein Held, der seine Bahn um die Welt laufe und dessen Blick nichts Irdisches verborgen bleibe. Weil aber alles Irdische im Licht der Sonne offenbar wird, fällt der Blick wieder auf den Menschen zurück. Er steht vor Gott da als einer, der sich zu seinem Gesetz und seinen Geboten zu verhalten hat. Die innere Logik und Bewegung des Psalms führt somit vom Himmel und vom Weltall hin zur Erde und zum Menschen. Es lohnte sich für alle Beteiligten, in Konzert und Reflexionsgespräch dieser Dynamik zu folgen und sich ihrer interpretativen Kraft auszusetzen.
Die Chorleitung des Interreligiösen Chors Frankfurt liegt seit der Gründung in den Händen der evangelischen Kantorin Bettina Strübel und des jüdischen Chasan Daniel Kempin. Die Chorarbeit wird getragen von einem im Jahr 2014 ins Leben gerufenen Verein. Durch die Mitwirkung auch islamischer Sängerinnen und Sänger handelt es sich um ein Projekt, das dem Trialog, der Religionen und Kulturen dient. Die Chorarbeit trägt dazu bei, Verständnis füreinander zu erwecken, Gemeinschaft zu stärken und Frieden und Versöhnung zu ermöglichen.
Auch im Juni 2018 fand der Auftritt des Chors wieder starke Resonanz: Am 11.06.2018 besuchten ca. 280 Personen das Konzert des Chors im Gemeindesaal der Jüdischen Gemeinde in der Savignystraße, zwei Tage später nahmen mehr als 60 Personen an dem sich auf das Konzert beziehenden Reflexionsgespräch in der Evangelischen Akademie Frankfurt teil. Es diskutierten Herr Rabbiner Avichai Apel (Judentum), Prof. em. Dr. Rainer Kessler (evangelische Theologie) und Frau Mira Sievers (Islamische Theologie) unter der Leitung von Dr. Eberhard Pausch (Ev. Akademie Frankfurt). Die Diskussion, die diesmal in mehreren Etappen für das Publikum geöffnet wurde, zeigte das große Interesse der Anwesenden an zahlreichen Aspekten des Themas.