WELTINNENPOLITIK
CARL FRIEDRICH VON WEIZSÄCKER ALS FRIEDENSETHIKER
Zur Veranstaltung mit Frau Dr. Elisabeth Raiser, der Tochter des Physikers, Philosophen und Friedensethiker Carl Friedrich von Weizsäcker, kamen etwas mehr als 60 Gäste darunter auch ihr Ehemann, der Theologe und frühere Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, Prof. Dr. Konrad Raiser, sowie der ehemalige Direktor der Evangelischen Akademie Arnoldshain, Prof. Dr. Martin Stöhr.
Ein Film, in dem Frau Dr. Raiser selbst Regie geführt hatte, erzählte vom Leben und Wirken ihres Vaters. Es schloss sich ein ausführliches und intensives Gespräch zwischen Frau Dr. Raiser und dem Publikum an, in dem folgende Aspekte eine Rolle spielten:
Biographisches
Dazu gehören die Erfahrung des Dritten Reichs bzw. des Zweiten Weltkrieges als Auslöser für Carl Friedrich von Weizsäckers friedensethisches Engagement, aber auch der Ertrag der Arbeit im Institut am Starnberger See gemeinsam mit Jürgen Habermas zwischen 1971 und 1980 und schließlich auch sein später Lernprozess im Rahmen des Konziliaren Prozesses im Zusammenhang mit der Weltversammlung des ÖRK in Seoul 1990.
Friedensethische und friedenspolitische Grundfragen, die von Weizsäcker beschäftigten
Ist es möglich, die Institution des Krieges überhaupt abzuschaffen? Wie kann die nukleare Bedrohung der Menschheit, wie kann der „Atomtod“ verhindert werden? Sind 2% am Bruttoinlandsprodukt für die Entwicklungshilfe in Deutschland politisch jemals umsetzbar? Von Weizsäcker hatte diesen Anteil am BIP bereits 1969 gefordert.
Religiöse Aspekte bei von Weizsäcker
Welche Rolle spielte die christliche Religion sowie andere Religionen für ihn? Insbesondere die Bergpredigt Jesu hatte ihn offenbar sehr stark geprägt. Kann sie, sollte sie für friedenspolitisches Handeln maßgeblich sein?
Friedensethische Begriffe, die von Weizsäcker geprägt bzw. vorrangig verwendet hat
Hierzu gehören vor allem die Begriffe „Kreisgang“ (so lautet auch der Name des Films von Frau Dr. Raiser), „Weltinnenpolitik“ (= die Innenseite der friedens- und entwicklungspolitisch gedachten Globalisierung), „Fehlerfreundlichkeit“, „Luxurieren“ vs. Askese, „gerechter Friede“.
Ein gerechter Friede für Afrika?
Ist ein „gerechter Friede“ für Afrika denkbar? Ist er nicht sogar zwingend notwendig, wenn man aus einer Logik der „Weltinnenpolitik“ heraus denkt?
Die Diskussion hatte viele interessante Facetten und führte zu der fruchtbaren Erkenntnis, dass viele der Gedanken und Begriffe, die Carl Friedrich von Weizsäcker schon vor vielen Jahren geprägt oder verwendet hatte, auch heute noch von großer Relevanz sind. Etwa der Begriff „Weltinnenpolitik“. Von ihm her könnte die Debatte um Frieden, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit geführt werden – nicht zuletzt auch im Blick auf unser Verhältnis zum Nachbarkontinent Afrika und die immer noch aktuelle Flucht- und Flüchtlingsfrage.