„Seidene Fäden: Europa - USA – China“
Präsentation des Friedensgutachtens 2021
Das Friedensgutachten 2021 enthält – in aller Kürze zusammengefasst – drei zentrale Botschaften:
- „America is back“: Durch den Wahlsieg des US-Präsidenten Joe Biden sind die USA wieder Mitspieler im weltpolitischen Multilateralismus. Das ist im Vergleich zu den vergangenen vier Jahren eher eine gute Botschaft für Europa und die Welt, wenngleich auch unter der neuen US-Regierung die USA ihre Interessen vertreten werden, die nicht in jeder Hinsicht identisch sind mit denen Europas.
- „Europa kann mehr“ – so ist das Gutachten insgesamt überschrieben. Gemeint ist damit, dass Europa noch mehr Möglichkeiten hätte, zum Frieden in der Welt im Rahmen der Förderung der Sustainable Development Goals beizutragen, wenn es sich politisch noch besser koordinieren und stärker als Einheit auftreten würde.
- China muss mehr denn je beachtet werden. Die Volksrepublik China ist zur zweiten Weltmacht nach den USA (oder sogar gleichrangig mit diesen) aufgestiegen. Das Fokus-Kapitel des Gutachtens widmet sich der Herausforderung, die sich daraus für Europa ergibt. Ein aktuelles Beispiel der Herausforderung betrifft die sog. „Neue Seidenstraße“.
Die Präsentation des aktuellen Friedensgutachtens erfolgte in drei Schritten:
- Einführung in das Gesamtgutachten (Dr. Claudia Baumgart-Ochse, HSFK)
- Einführung in das Fokuskapitel (Dr. Pascal Abb, HSFK)
- Podiumsgespräch mit Dr. Pascal Abb (HSFK), Johanna Klabisch („China-Haus“, eine zivilgesellschaftliche Organisation), Omid Nouripour MdB (Bündnis 90/Die Grünen, außenpolitischer Sprecher), Dr. Volker Stanzel (SWP, ehemaliger Botschafter), Dr. Gudrun Wacker (SWP), Moderation: Dr. Eberhard Martin Pausch (Ev. Akademie)
Im Rahmen des Gespräches wurden u.a. folgende Fragen gestellt und multiperspektivisch diskutiert:
- Was ist eigentlich an der „Seidenstraße“ so Besonderes und Wichtiges? Zunächst einmal ist es ja nur ein Verkehrsweg unter anderen – oder? Welche politische und wirtschaftliche Bedeutung kommt der „neuen Seidenstraße“ zu?
- Wie ist aus der Sicht von Politik und Zivilgesellschaft der Vorschlag des Friedensgutachtens einzuschätzen, Europa sollte eine Art „Mittlerrolle“ zwischen den USA und China einnehmen? Wäre nicht eine kritischere Positionierung gegenüber China wünschenswert?
- Kann Europa überhaupt eine „Mittlerrolle“ einnehmen, oder sollten wir eine starke „westliche Achse“ bilden und Chinas Politik deutlicher hinterfragen?
- Wie breit und tragfähig ist der Konsens mit China bezüglich der Afrika-Politik, der nach Dr. Abbs Darstellung mindestens dreierlei umfasst: den Kampf gegen die Armut, den Kampf gegen Piraterie und den Kampf gegen den Islamismus? Sind diese drei Gesichtspunkte ausreichend, um eine kohärente Friedenspolitik im Blick auf Afrika zu begründen?
- Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt (1918-2015) hat mehrfach die These vertreten, die chinesische Politik sei wesentlich von der Philosophie des Konfuzius geprägt und nur von daher verständlich. Und explizit bezieht China sich ja auf die Philosophie und die Analysen von Karl Marx. Müsste man nicht mit China über Konfuzius sprechen oder über die dort praktizierte Auslegung der Lehre von Marx? Könnte das nicht auch zu einem besseren Verständnis beitragen?
Insgesamt wurde das Fokuskapitel kritisch diskutiert und dessen zentrale These von der Mittler- bzw. Vermittlerrolle Europas zwischen den USA und China mit Skepsis aufgenommen. Die Situation der Menschenrechte in der Volksrepublik China gibt weiterhin Anlass zur Sorge, und der Bestand an Gemeinsamkeiten – so wichtig er auch ist – sollte nicht überschätzt werden.
Das Video von der Veranstaltung findet sich auf den Youtube-Kanälen beider Akademien und zusätzlich in der Mediathek der Ev. Akademie. Bereits nach zwei Tagen wurde das Video 170mal aufgerufen. Das spricht für eine vergleichsweise sehr gute Resonanz.