Der Einfluss der Evangelikalen in den USA und Brasilien
Die Online-Veranstaltung untersuchte den gesellschaftlichen und politischen Einfluss der Evangelikalen in den USA und Brasilien. In den USA, einem von religiöser Pluralität sowie der Trennung von Staat und Kirche geprägten Land, machen die Evangelikalen etwa ein Viertel der Bevölkerung aus. Bei den Präsidentschaftswahlen 2020 gaben drei Viertel der Evangelikalen Donald Trump ihre Stimme. Brasilien ist im Unterschied zu den USA ein stark katholisch geprägtes Land. Doch seit den 1970er Jahren vollzieht sich ein tiefgreifender religiöser Wandel: der Einfluss der katholischen Kirche geht rapide zurück, während der der Evangelikalen (Pfingstkirchen und Neo-Pfingstkirchen) signifikant ansteigt. Dies ist eine Entwicklung, die sich in vielen lateinamerikanischen Ländern beobachten lässt, in Brasilien jedoch besonders stark ist. Mit ihrem konservativen Weltbild prägen die Evangelikalen die Werte vieler Brasilianer, zum Beispiel im Hinblick auf Familie, Sexualität, Geschlechterrollen, evangelikale Prediger nehmen Einfluss auf das politische Wahlverhalten der Gläubigen. Der umstrittene Präsident Jair Messias Bolsonaro wurde mit hoher Zustimmung der Evangelikalen gewählt. Mit Bolsonaros Präsidentschaft ist „die Demarkationslinie zwischen Politik und Religion durchlässiger geworden“ (Claudia Zilla).
Folgende Themen und Fragestellungen wurden aufgegriffen: Wie lässt sich der Aufstieg der Evangelikalen in den USA und Brasilien erklären? Demographie, Geschichte, Glaubensinhalte, spirituelle Praxis, Organisationsformen der Evangelikalen, Engagement in Seelsorge und Sozialarbeit, öffentlicher Einfluss durch Medien und Bildungseinrichtungen. Verschränkung von Politik und Religion: Wie erklärt sich die hohe Zustimmung der Evangelikalen in den USA zu Trump? Wie wirkt sich der politische Gestaltungswille der Evangelikalen in den USA und Brasilien aus? Auswirkungen auf die politische und gesellschaftliche Entwicklung in beiden Ländern; zunehmender Nationalismus unter weißen Evangelikalen in den USA und Demokratiegefährdung; Auswirkungen auf den Umgang mit der Corona-Pandemie.
Mit dem Religionssoziologen und USA-Kenner Professor Detlef Pollack von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Politikwissenschaftlerin Dr. Claudia Zilla von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin (Autorin der Studie „Die Evangelikalen und die Politik in Brasilien) konnten zwei ausgewiesene Expert*innen für diese Veranstaltung gewonnen werden. Die Online-Veranstaltung stieß auf hohes Interesse und außerordentlich positive Resonanz bei unserem Publikum. Es dürfte lohnenswert sein, das Thema in weiteren Veranstaltungen fortzusetzen.