3. Fachtagung zur außerklinischen Ethikberatung
Derzeitiger Stand und aktuelle Herausforderungen
Ethik-Komitees und ethische Fallbesprechungen haben sich in den letzten Jahrzehnten in vielen Krankenhäusern etabliert. Im Jahr 2008 wurde auf dem Deutschen Ärztetag beschlossen, die vielerorts als hilfreiche erfahrene Struktur der ethischen Fallbesprechung auch im ambulanten Bereich zu etablieren. Hausärztinnen und Hausärzte sollten diese Art der Unterstützung ebenso nutzen können, wie Patientinnen und Patienten, deren Angehörige und die Mitarbeitenden in den ambulanten Pflegediensten. Inzwischen haben sich deutschlandweit 44 Projekte etabliert, deren Kontaktadressen auf der Webseite der Akademie für Ethik in der Medizin e.V. zu finden sind: https://www.aem-online.de/index.php?id=157
Der Aufbau und die Entwicklung der Ambulanten Ethikberatung wurde von der Evangelischen Akademie Frankfurt seit Beginn mit der nunmehr dritten Tagung begleitet. Coronabedingt fand diese in diesem Jahr rein online mit 110 angemeldeten Teilnehmer:innen statt. Eine vorab durchgeführte Online-Befragung ergab, dass für die Hälfte der ambulanten Ethikberater:innen, die sich an Befragung beteiligt hatten, die Corona-Pandemie eine Erschwernis ihrer bisherigen Beratungsarbeit dargestellt hat.
Inhaltlich wurde bei der Tagung ein besonderer Schwerpunkt durch die Herausforderung gebildet, vor der sich die ambulante Ethikberatung durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26.02.2020 gestellt sieht: Nachdem das Bundesverfassungsgericht den § 217 StGB zur Suizidhilfe für nichtig erklärt hatte, wird erwartet, dass der Gesetzgeber eine gesetzliche Neuregelung verabschieden wird. Hausärzt:innen, Pflegeeinrichtungen, Hospize und ambulante Palliativteam könnten sich dann verstärkt mit der Anfrage konfrontiert sehen, eine ethische Fallbesprechung dann durchzuführen, wenn bspw. vom Hausarzt eine Suizidhilfe eingefordert wird und Unsicherheiten sowie ethische und rechtliche Vorbehalte bei den Beteiligten über das weitere Vorgehen bestehen. Sollte die ambulante Ethikberatung hier als Beratungsinstanz herangezogen werden können, dann erscheint es wichtig im Vorfeld zu klären, wie weit die Ethikberatung in ihrer Funktion und Begleitung gehen will, kann soll und darf. Sollte es „nur“ um die Information des rechtlichen status quo gehen oder würde z.B. auch die Weitergabe von Kontaktadressen (etwa eines Sterbehilfevereins) zur Beratungsarbeit gehören? Durch Fallgeschichten, rechtliche Kommentare, Erfahrungen aus dem Ausland und Diskussionen in Breakout-Gruppen wurde ein intensiver Austauschs über ein komplexes und kontroverses Thema geschaffen, das grundsätzliche Fragen der Haltung und (beruflichen) Werte aufwirft.
Die Tagung fand in Zusammenarbeit mit der Akademie für Ethik in der Medizin e.V. und dem Zentrum für Ethik in der Medizin am Agaplesion Markus Krankenhaus, Frankfurt/M. statt.