Medizin und Religion im 21. Jahrhundert
Entwicklungen – Gemeinsamkeiten – Spannungsfelder
Ob ein unerfüllter Kinderwunsch besteht oder ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden soll oder nicht, ob die laufende Therapie vorzeitig beendet werden soll oder der Patient am Ende seines Lebens seinen Zustand nicht mehr ertragen und ihm selbst ein Ende setzen will, alle diese medizinethischen Entscheidungen beruhen u.a. auf individuellen Werturteilen. Diese sind auch heute noch vielfach religiös geprägt, sowohl bei den Patientinnen und Patienten, deren Zugehörigen wie auch bei den Ärztinnen, Ärzten und Pflegekräften, die entscheiden müssen, inwieweit sie einzelne Behandlungen mittragen können oder aus Gewissensgründen, bzw. bestehenden rechtlichen Vorgaben, ablehnen. Im multikulturellen und multireligiösen klinischen Alltag treffen somit auch heute noch Medizin und Religion auf vielfältige Weise aufeinander und können dabei heftige Kontroversen auslösen.
Im Rahmen der dreitägigen internationalen Konferenz sind wir dem Einfluss des religiösen Denkens und der religiösen Wertvorstellungen auf die ethischen Entscheidungen im medizinischen Alltag nachgegangen und haben hierbei konkrete Situationen der klinischen Praxis wie auch gesetzliche Regelungen einzelner Länder betrachtet. Thematisch wurde der Bogen gespannt vom Lebensanfang bis zum Lebensende, d.h. von Leihmutterschaft und Eizellspende über Schwangerschaftsabbruch bis zu Fragen der Therapiebegrenzung und dem selbstbestimmten Sterben. Impulse von in- und ausländischen Expert/innen hatten in das jeweilige Thema eingeführt, das dann von Vertreter/innen unterschiedlicher Religionen kommentiert wurden. Dabei wurde auch der Frage nachgegangen, an welchen Stellen religiöse Wertvorstellungen und religiös geprägte gesetzliche Regelungen die gesundheitliche Versorgung in den einzelnen Ländern fördern, wo sie diese behindern und wie mit Konflikten umgegangen werden kann.
Die internationale Tagung fand in Kooperation mit Prof. Dr. Florian Steger vom Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Universität Ulm, statt. Der EKHN und dem Förderverein der Evangelischen Akademie sind wir für ihre finanzielle Unterstützung sehr dankbar.