Viel erreicht - und weiter viel zu tun

 

Evangelische Akademie Frankfurt

Auf der Mitgliederversammlung des Fördervereins der Evangelischen Akademie Frankfurt am Main am 23. Juni 2016, gab es Grund zur Freude: Gefördert wurden in 2015 insgesamt 9 Projekte mit meist 500 Euro und 2016 werden es voraussichtlich weitere 18 Projekte sein, darunter ein wirtschaftsethisches Forum, eine Tagung zur Rolle Gottes im Krimi sowie über die Funktion der Bilder in der Bibel.

Ebenso erfreulich: Die Mitgliederzahl des Vereins hat sich seit dem Vorjahreszeitraum von 54 auf 83 erhöht.

Die 2015 gegründete Fundraisinggruppe will die Fördervereinsmitglieder noch stärker zu „Botschaftern“ für die Akademiearbeit zu machen. Dazu gehört: Programme und Flyer an Orten auszulegen, für Anlassspenden zu werben oder auch bei Veranstaltungen mitzuhelfen.

Die Resultate der Mitgliederbefragung aus dem vergangenen Jahr werden vorgestellt: Wichtigster Aspekt für die Mitglieder sind das Dialogische und das Querdenken.

Die Ideen flossen in die Gestaltung der neuen Werbematerialien ein, die dies als Arbeitsschwerpunkte herausstellen. Ein ansprechendes Bild mit aktiven Menschen ziert ab sofot das Titelblatt des Flyer, des Aufstellers und die Website des Fördervereins und soll zur Wiedererkennung beitragen.

Für weitere drei Jahre werden die Vorstandsmitglieder gewählt: Dr. Rudolf Kriszeleit, Vorsitzender, Renate Knapp, stellvertretende Vorsitzende, Volker Rahn, Schriftführer, Jobst-Babo Graf Harrach, Schatzmeister.

Die nächste Mitgliederversammlung wird am 23. Juni 2017 stattfinden.

 

Spannende Tagung mit

Krimipreisträgern und Theologen

Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt

Preisgekrönte Krimi- Autoren diskutierten am 19. März 2016 mit drei Theologen über das „Böse“: Woher stammt das Böse? Wie geht man mit ihm um? Und was hat der liebe Gott damit zu tun? Zu diesen Fragen hatte die Evangelische Akademie mit Heinrich Steinfest, Matthias Wittekindt und Robert Hültner drei Träger des Deutschen Krimipreises eingeladen. Es kommentierten Prof. Dr. Dietrich Korsch (Marburg), Prof. Dr. Dr. Klaas Huizing (Würzburg) und Prof. Dr. Frank T. Brinkmann (Gießen). Deutlich wurde dabei, wie verschiedene theologische Erklärungsansätze von Schuld und Schicksal, Teufel und die Alleinwirksamkeit Gottes sich wie in einem Mobile notwendig ergänzen, das Phänomen in seiner Abgründigkeit selbst jedoch letztlich nicht voll erfassen. Dabei wurden zugleich verschiedene Begriffen wie Angst oder Scham als menschliche Erklärungskategorien eingebracht. Eine interessante Parallele tat sich in dem Bild von Gott als (Kriminal-)Autor auf - einschließlich der Frage, wie sich ein Autor zu seinen Figuren verhält. Über 80 Personen nahmen an der Tagung teil. Einzelne Beiträge sind in das Medienarchiv der Akademie eingestellt.

 

Engel, Teufel und andere Medien des (Un-)Heiligen

Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt

Dr. Susanne Ludwig, Direktorin des Gutenberg Museums, eröffnete die Veranstaltung am 20. April 2016, im Gutenberg Museum, mit einer Einführung in die Symbolik von Engeln und Teufeln und unterstrich die Wirkkraft, die diese Figuren bis heute auf unseren kulturellen Bildfundus haben.


Anschließend führte Kuratorin Dr. Luzie Bratner durch die Ausstellung und gab einen umfassenden Einblick in die Metamorphosen der Licht- und Schattenwesen vom Zeitalter der Reformation bis in die Gegenwart.

Die Verführungskraft des Teufels beschäftigte Luther sein Leben lang, wie der Theologe und Kirchenhistoriker Prof. Dr. Markus Wriedt von der Goethe Universität in Frankfurt in seinem Vortrag betonte: Luther bekämpfte ihn keineswegs durch einen Wurf mit dem Tintenfass, sondern durch seine konsequente Übersetzung und Auslegung der Schrift, also durch Aufklärung.

Prof Dr. Kurt Röttgers vom Lehrstuhl für Praktische Philosophie an der Fernuniversität in Hagen untersuchte in seinem Vortrag den medialen Aspekt von Engeln und Teufeln: Engel und Teufel sind Botschafter und Zwischenwesen: Sie sind mythische Metaphern der Mediengesellschaft, wo Informationen immer wichtiger werden und zugleich Aufklärung und Manipulation, Reflexion und Hetze ermöglichen.

 

Ansätze zur Bewahrung der Vielfalt unserer Natur

Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt

Anlässlich die „Halbzeit“ der UN-Dekade für die biologische Vielfalt (2011 bis 2020) wollten die Kooperationspartners (Zoologische Gesellschaft Frankfurt, BioFrankfurt – das Netzwerk für Biodiversität e.V., Tropica Verde e.V., Umweltzentrum Hanau und betterplace.org) verschiedene Aspekte der Biodiversität beleuchten, Bezüge zum Lebenswelt der Teilnehmenden herstellen und denen praktische Möglichkeiten ausprobieren lassen, wie man sich für Aufklärung und Verhaltensveränderung in der Öffentlichkeit einsetzen kann. 

Am 23. April 2016, dem ersten Aktionstag, lag der Fokus hauptsächlich auf der Vermittlung von Wissen und auf Diskussion und Austausch zwischen den Teilnehmenden: Wo erleben sie Biodiversität? Wie werden Lebensräumen und Artenvielfalt in Ländern auf der andere Seite der Welt von Nachfrage und Konsum in Europa beeinflusst? Was wird in verschiedenen Organisationen schon getan, um die biologische Vielfalt zu schützen und was kann jede und jeder selbst dazu beitragen?

Am zweiten Tag erhielten die Teilnehmenden Einblicke darin, wie Kampagnenarbeit läuft und durften in drei parallel-laufenden Workshops eigenen Ideen und Themen entwickeln und umsetzen. Es entstand einen Entwurf für eine Online-Kampagne, einen Film mit Kurzbotschaften und einen Poster mit praktischen Empfehlungen. Sämtliche Ergebnisse waren am Aktionstag im Zoo (28. Mai 2016) in einem von den Teilnehmenden betreuten Pavillon zu sehen.

 

Arbeitskampf - Gesellschaft in Geiselhaft?

Evangelische Akademie Frankfurt

Die Veranstaltung „Arbeitskampf – Gesellschaft in Geiselhaft?“ setzte sich am 9. Mai 2016 mit den Arbeitskämpfen der letzten Zeit auseinander, bei denen große Teile der Gesellschaft über längere Zeiträume insbesondere im Bereich der Dienstleistungen (Bahn, Kita, Flughäfen) massive Einschnitte in das eigene Leben hingenommen haben.

Herr Prof. Dr. Kempen führte in den Abend mit einem Grundlage schaffenden Vortrag ein, in dem er die Begrifflichkeiten differenzierte und dabei den grundlegenden Gedanken des deutschen Streikrechts, der Gründung von Interessengemeinschaften unter Arbeitnehmern/Gewerkschaften auf der einen und Arbeitnehmerverbänden auf der anderen Seite erörterte. Folgende Aspekte waren für die weitere Diskussion am Abend von besonderer Relevanz: - Der Aspekt der Aufhebung des Konkurrenzverhältnisses unter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Aushebelung von Wirtschaftsstrategien, die immer billigere Arbeitskräfte gewinnen woll(t)en. - Auftreten als Tarifpartner auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern. - Streikrecht, wenn vereinbarte Löhne nicht eingehalten werden. - Bisher gibt es hierzu keine eindeutige Gesetzeslage. Den rechtlichen Rahmen bietet die Rechtsprechung.Das neue Tarifeinheitsgesetz soll diese „Lücke“ schließen. - Medien gewinnen in diesem Feld an Einfluss. Warnstreiks dienen heute hauptsächlich der Wirkung in der Öffentlichen Meinung.

Als Gäste im anschließenden Podium konnten wir folgende Protagonisten aus dem Bereich Arbeitskampf begrüßen: Ingolf Schumacher, Vorsitzender Tarifpolitik, Vereinigung COCKPIT e.V., Frankfurt. Prof. Dr. Wolfgang Schröder, Universität Kassel Detlef Raabe, Bereichsleiter Organisationspolitik, ver.di, Berlin Roland Wolf vom BDA in Berlin hat seine Teilnahme leider sehr kurzfristig abgesagt. Frau Dr. Bertelmann vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung übernahm die Moderation. Zum Einstieg in das Thema wurde ein Beitrag des MDR gezeigt, in dem die Stimmung von Familien deutlich wurde, die mit dem mehrwöchigen Streik an Kitas 2015 umgehen mussten.

Hier wurde ganz deutlich, wie die Stimmung von Solidarität, Unterstützung und Verständnis umschlägt in Unverständnis und Frust über mangelnde Kompromissbereitschaft in den Verhandlungen. Ingolf Schumacher, der als Vertreter einer Spartengewerkschaft eingeladen war, machte die Strategie der Pilotenvereinigung deutlich, die er als Antwort auf die Strategien der Unternehmen versteht: die internationale Vernetzung von Interessenvertretungen der Arbeitnehmer. COCKPIT selbst hat sich unter dem Lable „DACH“ mich Österreichischen und Schweizer Pilotenverbänden zusammengefunden, um gemeinsam gegen die Strategien der Lufthansa zu agieren, die „teuren“ Tarifverträge der langjährigen Lufthansa-Piloten zu agieren. Detlef Raabe betont in seinem Statement, dass ver.di im Fall von Arbeitskämpfen immer mehr Augenmerk auf Information, „Vorwarnung“ und Transparenz legt, da die Öffentliche Meinung für die Wirkung von Arbeitsniederlegungen von immer größerer Bedeutung sind.

Medien und damit die Öffentlichkeitsarbeit rund um geplante Streiks werden wichtiger, wodurch das Instrument des Warnstreiks auch immer mehr „Schlagkraft“ entwickelt hat. Prof. Wolfgang Schröder zeigt am Beispiel der Chemie-Branche, dass es zwischen den Tarifpartnern auch aufgrund von öffentlicher Wahrnehmung zu erstaunlich „partnerschaftlichen“ Entwicklungen kommen kann. Das schlechte Image der Chemie-Industrie in den 60er- und 70er-Jahren führte dazu, dass die IG Chemie gemeinsam mit den Unternehmen ein sehr aufgefeiltes und bis heute beispielhaftes Tarifsystem entwickeln konnte, wodurch auch das Image der Branche verbessert wurde. Perspektivisch sieht Prof. Schröder die dringende Notwendigkeit, Tarifpartnerschaften an neue Systeme und Strukturen in den Arbeitsprozessen anzupassen. Internationale Vernetzung ist dabei nur ein Aspekt.

Hier betont er die Herausforderung, dass auf lange Sicht kein Europäisches Recht entstehen wird, Gewerkschaften also informell über Grenzen hinweg kooperieren müssen. Gewerkschaften stehen weiter vor der Herausforderung, verschiedenste Formen von Arbeit zu vertreten (Stichwort crowd-working). Zudem haben Gewerkschaften zunehmend mit einer Generation von Arbeitnehmern zu tun, für die Interessenvertretung von Arbeitnehmern keine unmittelbare biographische Bedeutung mehr haben. Diese will sich nicht vertreten lassen sondern selbst über die Arbeitsbedingungen verhandeln.

In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum werden folgende Beobachtungen, Fragen und Aspekte thematisiert:

  • Der Begriff „Geiselhaft“ wird als Anlass gesehen, die durchaus positiven gesellschaftlichen Entwicklungen, die z.B. der Kita-Streik stellenweise hervorgebracht hat. Hier wird die durchaus gelungene Ausübung von solidarischer Praxis (gegenseitige Unterstützung bei der „Notfallbetreuung“, gemeinsames Auftreten der Eltern und Erzieher gegenüber dem Tarifgegner etc.) betont und als gesellschaftlicher Gewinn herausgestellt.
  • Die aktuelle Entwicklung rund um die AfD wird auch als Gefahr für Gewerkschaften gesehen: das Tarifeinheitsgesetz würde es ermöglichen, dass solche Gruppen auch als „Gewerkschaft“ auftreten und dann über Tarifverträge verhandeln können.
  • Der 3. Weg der Kirchen wird als problematisch für gewerkschaftliche Bemühungen betrachtet und kritisiert. Herr Striegler als Vertreter der EKHN vertritt dagegen die Position, dass die Streikfreiheit in diesem Modell an manchen Stellen vielleicht auch „Vorbild“ sein könnte.
  • Es wird darauf hingewiesen und kritisch bewertet, dass es weiter Entwicklungen gibt, die zur Sorge Anlass geben: Sog. „Union-Busting“ schwappt als Trend aus den USA nach Europa. So finanzieren große Unternehmen Lehrstühle für Arbeitsrecht (z.B. in München) und nehmen so unterschwellig Einfluss auf rechtliche und schließlich auch politische Prozesse.
  • In Anlehnung daran wird abschließend diskutiert, wer eigentlich zu dem Thema noch einzuladen wäre: Investoren, die massiven Einfluss im Hintergrund üben sowie Vertreter der Medien, die die öffentliche Meinung massiv mit beeinflussen können.

 

Sommerempfang des Fördervereins und der Evangelischen Akademie Frankfurt

Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt

Zu einem Sommerempfang der ganz besonderen Art luden der Förderverein und die Evangelische Akademie Frankfurt am Abend des 23. Juni 2016 (Johannisnacht), ins Dominikanerkloster Frankfurt ein. Auf dem Programm stand eine „pecha-kucha-night“ mit neun pointierten, unterhaltsamen Kurzbeiträgen von interessanten Menschen zum Halbjahresthema „Unsinn und Sinn“:

Dr. Jan Gerchow, Historisches Museum Frankfurt, Frankfurt:
Vom Sinn und Unsinn, heute ein Museum zu planen

Merle Becker, academic experience worldwide e.V., Frankfurt:
Vom Sollen zum Tun

Prof. Heiner Blum, Hochschule für Gestaltung, Offenbach:
Zweite Welt

Prof. Dr. Tanja Brühl, Goethe-Universität, Frankfurt:
Bildung für alle?!

Dr. Frank Vogelsang, Evangelische Akademie im Rheinland, Bonn:
Welchen Sinn macht die Frage nach dem Sinn?

Birgit Arndt, Evangelisches Medienhaus gGmbH, Frankfurt:
(Un)Sinn-liche Medien: von book bis facebook

Prof. Dr. Anne Bohnenkamp-Renken, Goethe-Haus Frankfurt, Freies Deutsches Hochstift, Frankfurt:
Casa Santa. Goethe-Haus im Bau

Dr. Helmut Gold, Museum für Kommunikation, Frankfurt:
94 Narren und ein Salat - Kuriose Wege zum Erfolg

Lanna Idriss, BHF Bank AG, Projekts Gyalpa, Frankfurt:
Global vs. Lokal: Shopping mit Sinn!

Musikalisch begleitet wurde der Sommerempfang vom Chanson-Duo Winterer & Fox (Theresa Winterer, Gesang und Benedikt Fox, Klavier) mit „Der Katastrophe zweiter Teil: aus dem Liebesleben eines Musikerpaares“.

Rund 300 teilnehmende Gäste verbrachten einen ebenso anregenden wie kurzweiligen Sommerabend im Dominikanerkloster.

 

GRENZWELTEN - WELTGRENZEN

Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt

Zum Auftakt des Halbjahresprogramms lud die Evangelische Akademie Frankfurt am 7. September 2016 zu einer Begegnung der besonderen Art: Drei Menschen schilderten ihre Erfahrungen und Einsichten zu „Grenzwelten und Weltgrenzen“.

Der Vortrag von Flugdirektor der Rosetta Mission Dr. Paolo Ferri, heute Bereichsleiter Satellitenbetrieb, eröffnete neue Perspektiven durch die immensen Zeit- und Raum-Dimensionen der Weltraumforschung. Zugleich verweist die Weltraumforschung auf Herausforderungen der Menschheit insgesamt und relativiert so nationalstaatliche Grenzen.

Der Philosoph Prof. Dr. Rainer Forst legte die philosophische Notwendigkeit von Grenzen für Identitätsentwicklung dar, zeigte jedoch zugleich, wie es einen differenzierten Umgang mit eigenen wie fremden Grenzen bedarf. Dabei ging er insbesondere auf die Unterscheidung der Sphären von Ethik/Moral, Toleranz und Recht etwa im Blick auf aktuelle Fragen im Kontext von Migration ein (z.B. Burka-Diskussion).

Emotional wie intellektuell bewegend war der Beitrag von Kapitän Dr. Klaus Vogel von SOS MEDITERRANEE, der eindrücklich in die Erfahrungen aus der konkreten Arbeit mit Flüchtlingen im Mittelmeer berichtete. Die humanitären Katastrophen, die sich an dieser Grenze Europas abspielen und durch ihre Wiederholung nichts an ihrer Abgründigkeit verloren haben, wurden dabei sichtbar. Zugleich zeigte die Initiative SOS-MEDITERRANEE, dass sich jenseits der notwendigen politischen Strukturlösungen auf der menschlichen Ebene etwas bewegen lässt.

In der anschließenden Diskussion wurden die Paradoxien der politischen Herausforderungen angesichts der Flüchtlingsbewegungen deutlich (z.B. unbedingte humanitäre Verantwortung versus Grenzen gesellschaftlicher Aufnahmefähigkeit bzw. Aufnahmebereitschaft). Die Moderation von Herrn Theisen führte dabei sensibel durch die strittigen Fragen. Ohne einfache Lösungen zu präsentieren, wurde so ein Begegnungs- und Denkraum geschaffen, der auch im nachfolgenden offenen Gespräch intensiv genutzt wurde.

Im Nachgang der Veranstaltung gab es eine starke Resonanz auf die Veranstaltung durch zahlreiche Teilnehmende. In der Evangelischen Sonntagszeitung Nr. 39 vom 25. September wurde ausführlich über die Veranstaltung berichtet.

Rund 200 teilnehmende Gäste waren der Einladung ins Historische Museum Frankfurt gefolgt.

 

VOM UMGANG MIT ETHISCHEN GRENZEN

In dem hochkarätig besetzten interdisziplinären Studientag am 10. September 2016 zur Rolle von Tabus in einer pluralistischen Gesellschaft ging es um ethische Fragen von Essen, Sexualität und Sprache - und um die Rolle der Religion.

Dr. Thomas Petersen (Institut für Demoskopie, Allensbach) führte empirisch in den tiefgreifenden gesellschaftlichen Normenwandel ein. Dabei zeigte sich, dass die Wirklichkeit der gefühlten und tatsächlichen Tabus z.T. weit auseinanderliegen, was u.a. zur Selbst-Stilisierung mancher kultureller „Tabubrecher“ beiträgt. Dies wird noch durch die Ausbildung vielfältiger kommunikativ abgeschlossener „Weltanschauungs-Bubbles“ durch die Digitalisierung verstärkt und der Schwächung von Institutionen gemeinschaftlicher kultureller Wertevermittlung.

Prof. Torsten Dr. Meireis (Humboldt-Universität Berlin) führte in seinem Vortrag „Tabulos moralisch“ verständlich und kompetent in die Fragen evangelischer Sexualethik ein. Dabei setzte er sich mit der Begriffsgeschichte des Tabus auseinander und plädierte er biblisch wie ethisch begründet für eine Tabulosigkeit: „Wo Tabu war, muss Moral werden“. Zugleich sprach er sich für eine Ethik aus, die nicht nur nach dem Richtigen fragt, sondern ergänzend auch dem Guten, d.h. nach dem, was der/die einzelne will.

Anstelle der kurzfristig verhinderten Prof. Dr. Janich (TU Darmstadt) hielt Akademiedirektor Dr. Thorsten Latzel einen Vortrag zum Verhältnis von Tabus und Sprache. Das Thema hat eine besondere aktuelle Relevanz etwa im Blick auf Unwörter der politischen Kultur, die sprachliche Verrohung im Zuge des politischen Populismus bzw. Internet-Foren (hate-speech) und den Streit um political correctness in einer multikulturellen Gesellschaft. Tabus wurde dabei (abhängig von der jeweiligen Definition) ein relativer Wert im Sinne eines vorreflexiven intuitiven moralischen Empfindens zuerkannt.

Prof. Dr. Lemke (Interdisziplinäres Zentrum für Gastrosophie Salzburg) sprach sich schließlich in seinem gastrosophischen Beitrag für eine neue Tabuisierung angesichts des unbegrenzten Essensverhaltens in der Gegenwart und der damit einhergehenden sozialen wie individuellen Konsequenzen aus. Kontrovers wurde dabei diskutiert, inwiefern sich nicht gerade in der Problematisierung des Essens aus verschiedenen Perspektiven (z.B. gesundheits- bzw. diät-orientiert, ethisch, interreligiös) eine moralische Aufladung vollzieht, die den gemeinsamen Akt des Essens immer weiter problematisiert (z.B. in Kindertagesstätten). Dabei stellt sich gerade hier das Problem des Umgangs mit eigenen und fremden Tabus. Eine reformatorische, biblisch-theologische Sicht kann dazu förderliche und differenzierte Denkanstöße bieten, indem sie die grundlegende Freiheit des Menschen betont (Tit 1,5: dem Reinen ist alles rein; 1. Kor 6,12: alles ist mir erlaubt), und zugleich den sorgsamen und rücksichtsvollen Umgang mit dem eigenen wie fremden Gewissensurteil einschärft (vgl. etwa die Diskussion um das Götzenopferfleich 1. Kor 8-10).

Rund 70 Teilnehmende beteiligten sich intensiv an den Diskussionen im Dominikanerkloster. Gerade von einer muslimischen Studentin wurde dabei der offene Diskurs-Charakter der Tagung positiv betont.

 

Wie steht es um die Solidarität in Europa?

Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt

Die Veranstaltung „Get together! Wie steht es um die Solidarität in Europa?“ vom 30. September bis 1. Oktober 2016 zielte darauf ab, mit Jugendlichen das Thema Solidarität als zentrale Herausforderung im Kontext der Europäischen Einheit zu reflektieren und der Frage nachzugehen, an welcher Stelle Solidarität zwischen den Bürgern, das Gemeinschaftsgefühl stärken kann. Die Tagung fing mit Kennenlernen und einem wissenschaftlichen Vortrag zu den folgenden Fragen an: Welche Formen von Solidarität gibt es? Wie entsteht und wie äußert sie sich? Was ist eigentlich das „Kitt“, was Europa zusammenhält?

Am zweiten Tag setzten sich die Teilnehmenden mit Hilfe eines Planspiels an den Szenarien "Schuldenschnitt für Griechenland" und "Verteilungsquote für Geflüchtete" mit dem komplexen Zusammenhang von nationalen Interessen, innen- und außenpolitischen Anforderungen, der Verpflichtung auf gemeinsame Werte und Regeln auseinander. Im Anschluss erarbeiteten sie in einem Radioworkshop einen kurzen Werbespot für das Thema Solidarität.

In Februar 2017 wird die Tagung mit Jugendlichen aus Nordhessen an der Evangelischen Akademie Hofgeismar wiederholt (Teil 2 von 3) und für Juni 2017 wird eine Begegnung zwischen den deutschen Teilnehmenden mit Jugendlichen aus Griechenland anlässlich der Documenta 14 geplant (Teil 3 von 3).