Ambulante Ethikberatung in Deutschland

Derzeitiger Stand und aktuelle Herausforderungen

Evangelische Akademie Frankfurt

Die Tagung war mit 85 TeilnehmerInnen komplett ausgebucht. Als Ergebnis der Tagung lässt sich festhalten, dass die Angebote ambulanter Ethikberatung deutschlandweit zunehmen, die Resonanz auf das Angebot mehrheitlich als hilfreiche und entlastende Unterstützung erfahren wird, zugleich wird jedoch von vielen Seiten eine zu geringe Nachfrage und unklare Finanzierung beklagt.

Nachdem im Herbst 2016 mit Unterstützung des Fördervereins der Evangelischen Akademie erstmals jene Akteure nach Frankfurt eingeladen werden konnten, die in Deutschland „Ambulante Ethikberatung“ anbieten, hatten wir zu einer Nachfolgeveranstaltung eingeladen, um über den derzeitigen Stand zu informieren und aktuelle Fragestellungen zu besprechen. Es zeigte sich, dass sich manche Projekte inzwischen erfolgreich etabliert haben, auf positives mediales Echo gestoßen sind und hilfreiche Unterstützung vor Ort erfahren haben. Einige Berichte wiesen allerdings auch darauf hin, dass nach einer hoffnungsvollen Startphase eine gewisse „Ernüchterung“ eingetreten war, da die Fallanfragen nicht so zahlreich waren, wie von den Mitarbeitenden erhofft. Solche Verläufe sind allerdings auch von anderen Projekten bekannt und deshalb erschien es sinnvoll, sich bei dieser Tagung über hilfreiche Formen der Weiterarbeit zu verständigen.

Als roter Faden zeigte sich, dass es wichtig ist, das Ziel der „Ambulanten Ethikberatung“ im Auge zu behalten: Es soll für Patientinnen und Patienten im ambulanten Bereich, Angehörige, Hausärztinnen und Hausärzte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ambulanter Pflegedienste eine Unterstützung bei ethischen Entscheidungen anbieten und damit zu einer Verbesserung der Kommunikation zwischen Hausarzt, Pflegekräften und Patient/Angehörigen beitragen.

Eine im Vorfeld der Tagung deutschlandweit durchgeführte Online-Umfrage hatte ergeben, dass sich die Anzahl der Ambulanten Ethikberatungsprojekte in Deutschland im Vergleich zum Stand vor zwei Jahren mehr als verdoppelt hat und derzeit bei über 40 liegt, weitere 15-20 Projekte sind in Planung. Gegenüber 2016, als die meisten Projekte an Palliativstrukturen angebunden waren, gibt es jetzt auch vermehrt Projekte, die über eigenständige Vereine oder Landesärztekammern organisiert sind. Für die Durchführung der ethischen Fallbesprechungen wird die Interprofessionalität bei der Zusammensetzung der Moderatoren als hilfreiches und wichtiges Kriterium erfahren. Allerdings bleibt es ein Problem, dass nahezu Dreiviertel der Projekte nach wie vor auf ehrenamtlicher Basis arbeiten und die Finanzierung nicht zufriedenstellend gelöst ist.

In Hinblick auf die inhaltliche Arbeit berichten nahezu alle Projekte über eine positive Resonanz: Alle Beteiligten insbesondere auch Pflegende und Angehörige, berichten über eine erhebliche Entlastung und Erleichterung, wenn sie in ethischen Konfliktsituationen durch eine Fallbesprechung begleitet werden.

Weitere Programmpunkte der Tagung waren (1.) die Vorstellung einer Studie, die den Bedarf von Ethikberatung bei Hausärzten erfragte, (2.) die Frage der Schweigepflicht in der ambulanten Ethikberatung und (3.) Diskussion von Lösungswegen für die beobachtete Diskrepanz zwischen geäußertem hohen Bedarf und der in der Praxis geringen Inanspruchnahme ambulanter Ethikberatung. So wünschen sich Hausärzte vor allem zusätzliche Unterstützung in Form einer telefonischen Ethikberatung. Auf der Grundlage der aktuellen Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) muss nun eine explizite Schweigepflichtsentbindung durch den Patienten bzw. rechtlichen Vertreter (oder alternativ eine Anonymisierung) vor ethischen Fallbesprechungen erfolgen.

In die Evangelische Akademie hatte das Zentrum für Ethik in der Medizin am Agaplesion Markus Krankenhaus, die Medizinethik der Philipps-Universität Marburg, die Landesärztekammer Hessen und die Akademie für Ethik in der Medizin e.V. eingeladen.

Junge Akademie 2019

Auftaktveranstaltung

Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
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Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt

Das Wochenende hatte zum Ziel, dass sich die Teilnehmer/-innen gegenseitig gut kennen lernen und einerseits in die inhaltliche Diskussion zum Thema "Streiten in der Demokratie" einsteigen, andererseits sollten Sie erste Ideen für eigene Projekte zur Förderung der Streitkultur entwickeln. Die angewendeten Methoden und Settings für das gegenseitige Kennen lernen wurden von der Gruppe gut angenommen und es entstand recht schnell eine gute Stimmung, ein respektvolles Miteinander und ein großes gegenseitiges Interesse innerhalb der Gruppe.

Durch den Impuls von Prof. Schlette wurde auf sehr anspruchsvolle Art die inhaltlich fundierte Debatte über das Streiten in der Gesellschaft angeregt. Einige Teilnehmende waren durch den philosophischen Vortrag sehr herausgefordert, nahmen aber aus der anschließendes Aussprache sehr viel an Ideen und Argumenten für die Projektideen mit.

Schließlich konnten wir mit dem Design-Thinking Prozess, in kurzer Zeit die Ideen aus der Gruppe fokussieren und zu ersten "Projekt-Prototypen" konkretisieren, sodass die Teilnehmenden mit konkreten Ideen aus dem Wochenende herausgehen, die sie motiviert sind, in den folgenden Monaten in Kleingruppen umzusetzen.

Der Auftakt der Jungen Akademie ist eins der Schlüsselformate im Verlauf der Jungen Akademie. Die Gruppenfindung und das gemeinsame eruieren der zentralen Thesen und Fragestellungen, die die Gruppe im weiteren Verlauf bearbeiten wollen, gestaltet maßgeblich das Klima in der Gruppe aber auch den weiterführenden gemeinsamen Denkprozess. Die einzelnen Elemente der Tagung - Kennen lernen, Impuls aus der Wissenschaft, Projektentwicklungsarbeit - haben sich als guter Dreischritt erwiesen, um die avisierten Ergebnisse zu erzielen. Der Film am Abend war am Ende eines sehr produktiven und energetisch aufgeladenen Tages ein guter und thematisch passender Beitrag zum Gesamtprogramm. PRIDE regt dazu an, auch in unkonventionellen sozialen Zusammensetzungen zu denken und dadurch weitere Impulse für das eigene gesellschaftliche Engagement zu ziehen.

kunst_kontrovers

Koalition der freien Szene

 

Evangelische Akademie Frankfurt
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Es sollte ein Abend für einen ersten Austausch zwischen der im letzten Jahr neu formierten „Koalition der freien Szene“ und der kommunalen Kulturpolitik werden und so saßen sich als Sprecher*innen der Koalition  Caroline Jahns, Haike Rausch, Jos Diegel und Jan Deck sowie die Stadtverordneten Dr. Renate Wolter-Brandecker (SPD), Jessica Purkhardt (Grüne) und Dr. Thomas Dürbeck (CDU). Erste Forderungen der „Freien“, einem Netzwerk unterschiedlichster künstlerischer Disziplinen, etwa Bildenden Künstler*innen, Theatermacher*innen, Musiker*innen, wurden benannt, so etwa der Vorschlag, durch eine Partizipation an vorhandenen öffentlichen Räumen Möglichkeiten für Künstler*innen zu schaffen. Partizipieren möchte die Szene aber auch an städtischen Geldtöpfen, etwa der neugeschaffenen „Tourismusabgabe“. Intensiv diskutierte die Runde unter starker Einbindung des Publikums.  Alle Beteiligten und die an dem Abend ebenfalls anwesende neue Kulturamtsleiterin Sybille Linke verabredeten weitere Treffen.

Religion und Freiheit

Ein unversöhnlicher Gegensatz?

Evangelische Akademie Frankfurt
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Tillich Lecture 2019

Die mittlerweile 9. Tillich-Lecture beschäftigte sich in diesem Jahr mit dem virulenten Thema „Religion und Freiheit - ein unversöhnlicher Gegensatz?“.

Die Theologin Frau Prof. Dr. Elisabeth Gräb-Schmidt (Tübingen) setzte sich mit der leiblichen Dimension menschlicher Freiheit auseinder und zeigte dies speziell am unumgänglichen Gebrauch von Symbolen, in denen leibliche und geistliche Dimensionen zusammenkommen. Der Philosoph Prof. Dr. Martin Seel (Frankfurt) entfaltete, wie Freiheit mit der Fähigkeit zur Selbsttranszendierung zusammenhängt, die religiös wie nichtreligiös möglich sei. Ein wichtiger Impuls auch für die Diskussion mit den über 50 Teilnehmenden war, dass die eigene Freiheit durch die Freiheit des anderen nicht einfach begrenzt wird, sondern sich darin verwirktlicht, die Freiheit des anderen (durch Selbstzurücknahme) zu ermöglichen. Oder mit Platon (Gorgias) formuliert: Ein Tyrann, der alle bestimmen könnte, wäre nicht wirklich frei, weil er nur noch Untertanen hätte, vor denen er sich im Zweifel schützen muss, aber keine wirklichen Freunde.

13. Tehillim-Psalmen-Konzert (zu Psalm 23) am 13. Juni 2019 im Jüdischen Gemeindezentrum in Frankfurt

Evangelische Akademie Frankfurt

Am 13. Juni 2019 fand das 13. Tehillim-Psalmen-Konzert in Frankfurt statt, eine Woche später wurde die Aufführung auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund wiederholt. Die Evangelische Akademie Frankfurt war von Anfang an Partnerin des Tehillim-Psalmen-Projekts und freut sich sehr, dass aus einer großartigen Idee ein nachhaltiges Erfolgsmodell geworden ist. Der Förderverein der Evangelischen Akademie Frankfurt unterstützte auch in diesem Halbjahr das Konzert wieder mit einem Festbetrag.

Mit dem 23. Psalm griff der Interreligiöse Chor Frankfurt nicht nur das Motto des Dortmunder Kirchentages („Was für ein Vertrauen“) auf, sondern wählte sich den wohl bekanntesten Psalm der Bibel überhaupt als Thema aus. Entsprechend groß war das Besucherinteresse bei den beiden Aufführungen, die – wie auch in den Vorjahren – wieder in großer fachlicher Qualität stattfanden.

Psalm 23 ist nicht nur ein Psalm, in dem es um das Vertrauen des Einzelnen zu Gott geht, sondern, was oft übersehen wird, auch ein Musterbeispiel für den biblischen Humor: Denn welches Schaf wird am Ende seiner behüteten Reise durch dunkle Lebenstäler von seinem Hirten an einen gedeckten Tisch gesetzt und von ihm geradezu fürstlich bewirtet? „Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.“ Sogar im Haus des Hirten darf das glückliche Schäfchen am Ende wohnen und bei ihm bleiben „immerdar“. Eine köstliche Bilderkombination! In unserer Weltwirklichkeit ist so etwas undenkbar, denn in ihr wird das Schaf am Ende als Nutztier geschlachtet. Bei Gott aber ist alles anders! Er liebt seine Schäfchen, und er liebt die Menschen, die ihn als ihren Hirten annehmen wollen. Kein Wunder, dass dieser Psalm von so vielen Menschen geschätzt und geliebt wird!

Die Evangelische Akademie Frankfurt freut sich auf die künftige Zusammenarbeit mit dem Interreligiösen Chor Frankfurt.

Recht und Europa

Die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats

Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
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Evangelische Akademie Frankfurt

Zu einer freiheitlichen Demokratie gehört der funktionierende Rechtsstaat. Neuere Entwicklungen in Polen und Ungarn zeigen die Gefährdungen, denen die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit in Europa ausgesetzt sind, wenn die Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz untergraben werden. Knapp zwei Wochen vor den Europawahlen diskutierten wir mit Expert/innen folgende Fragen: Was fordert die EU von den Mitgliedstaaten in punkto Rechtsstaatlichkeit? Wurde den Mitgliedstaaten im Osten Europas genug Zeit gegeben, um sich in die europäische Rechtspraxis hineinzufinden? Welche europäischen Gegenstrategien gibt es gegen Verstöße gegen die Rechtstaatlichkeit? Wie wirksam sind sie und mit welchen Mitteln sollen sie durchgesetzt werden? Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung und dem Richterbund Hessen durchgeführt. In seinem Grußwort hob der Vorsitzende des Fördervereins der Evangelischen Akademie und ehemalige Staatssekretär der Justiz im Hessischen Ministerium der Justiz, für Integration und Europa, Dr. Rudolf Kriszeleit, hervor, dass die konkrete Ausgestaltung des Rechtsstaats mit gelebter Gewaltenteilung in Europa auf sehr unterschiedliche Rechtstraditionen trifft. Er machte deutlich, dass dieses uneinheitliche Verständnis von Recht, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung nicht die neuen Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa betrifft, sondern dass entsprechende Unterschiede auch etwa zwischen den Rechtstraditionen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien erkennbar sind. Professor Dr. Anne Sanders, Rechtswissenschaftlerin an der Universität Bielefeld, Expertin u.a. für den Consultive Council of European Judges (CCJE), analysierte in einem Impulsvortrag die Bedeutung der richterlichen Unabhängigkeit und bot einen genauen Einblick in aktuelle Entwicklungen in Europa (u.a. Beispiel Polen) sowie die europäischen Reaktionen. In der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Christoph Käppeler aus der Politikredaktion von hr-iNFO moderiert wurde, diskutierten Frau Professor Dr. Sanders, der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Jens Gnisa, Professor Dr. Stefan Kadelbach, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht an der Goethe Universität Frankfurt sowie der Journalist und Osteuropaexperte Reinhard Veser von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über die Gefahren für den Rechtsstaat in Europa. Sie arbeiteten heraus, welche Entwicklungen zur aktuellen Lage geführt haben und diskutierten, welche Gegenstrategien die EU gegen Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit hat, wie wirksam diese sind und wie die Forderungen der EU an ihre Mitgliedstaaten die Rechtsstaatlichkeit betreffend durchgesetzt werden können. Die Veranstaltung traf auf außerordentlich starke Resonanz beim Publikum, das seinerseits durch hochqualifizierte Wortbeiträge die Diskussion bereicherte.

„Fluchtursachen bekämpfen – aber richtig!“

Vorstellung des Friedensgutachtens 2019 beim Frankfurter Friedensforum am 11.06.2019

Evangelische Akademie Frankfurt

Nach der Begrüßung stellte Professorin Claudia Baumgart-Ochse (HSFK) das Friedensgutachten 2019 insgesamt vor. In ihrem Überblick wurde u.a. deutlich, dass die Kriege (11 Stück) und bewaffneten Konflikte (ca. 130 Stück), die zurzeit beobachtet werden, kaum noch zwischen Staaten ausgetragen werden, sondern viel mehr von nichtstaatlichen Akteuren geführt werden (Rebellen, Milizen, Kartellen). Gleichzeitig ist die VN geschwächt, was sich u.a. darin bemerkbar macht, dass Russland und China den Sicherheitsrat durch ihr Vetorecht vermehrt blockieren, sodass viele Konflikte gar nicht bearbeitet werden können. Bei den globalen Friedensmissionen deuten quantitative Studien auf eine vorsichtige positive Bilanz, wobei eine individuelle Betrachtung – aufgrund des großen Gefälles zwischen verschiedenen Missionen – unerlässlich ist. Für Deutschland wäre eine fallspezifische Evaluierung jedes einzelnen Bundeswehreinsatzes dringend notwendig. Schließlich braucht Frieden eine restriktivere Waffenexportpolitik. U.a. müsste der gemeinsame Standpunkt der EU zum Ausfuhr von Militärgütern besser umgesetzt werden. Die genannten Herausforderungen betreffen nicht zuletzt Afrika. Spezifisch wurde kurz auf die Situationen in Mali, Libyen, Sudan und Somalia eingegangen.

Im Anschluss stellte Ruth Vollmer (BICC) die Ergebnisse des Friedensgutachtens im Bereiche „Flucht und Gewalt“ vor. Dabei machte sie deutlich, dass es sich bei der Rekordanzahl an Geflüchtete und vertriebenen Menschen (68,5 Millionen) zunehmend um Langzeitvertriebene handelt. (2017 lag die Anzahl an neu Registrierte auf ca. 2,7 Millionen.) Somit sind die Ursachen des Rekordniveaus u.a. darin zu suchen, dass Geflüchtete und vertriebene Menschen oft weder zurückkehren können noch auf neue Aufnahmeländer verteilt oder am aktuellen Aufenthaltsort integriert werden. Stattdessen bleiben sie – und zum Teil auch ihre Kinder und Enkeln – in Flüchtlingslagern und somit in der Statistik. Mit diesem Wissen in Blick folgt, dass die Abschottungspolitik Europas für die Rekordanzahl an geflüchtete Menschen weltweit direkt mitverantwortlich ist, da die Orte, an denen ein Ankommen möglich ist, sich global gesehen dadurch verringert. An dieser Stelle wurde auch davor gewarnt, dass neun der top-ten-Aufnahmeländer in dem globalen Süden liegen und dass ihr Wille, Geflüchtete und Vertriebene aufzunehmen, durchaus davon abhängen könnte, ob es vorhersehbar ist, dass es sich um ein temporäres Engagement oder eine permanente Aufgabe und Situation handelt. Zusammengefasst sind ein veränderter Charakter (durch die zunehmende Dauer einer Flucht) und veränderte Reaktion auf Flüchtlingskrisen (durch die zunehmende Abwehrhaltung vieler Länder und Regionen) seit den 80er-90ern zu beobachten. In diesem Zusammenhang wurden sowohl die europäischen Migrationspakte und Mobilitätspartnerschaften also auch Aspekte von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit verschiedenen afrikanischen Staaten scharf kritisiert (u.a. dafür, dass Maßnahmen zur Fluchtursachenbekämpfung eher die Kontrolle oder sogar Verhinderung von Migration dienen). 

Im anschließenden Podiumsgespräch sprachen Frau Sabine Müller-Langsdorf (Friendensbeauftragte der EKHN und der EKKW) und Frau Steffanie Wahl (Vorsitzende der deutschen Sektion von Pax Christi) darüber, wie sie – als zivilgesellschaftliche Expertinnen – die Analyse des Friedensgutachtens beurteilen und wie ihre Empfehlungen sich zum Teil auch von der Wissenschaft unterscheiden. Anschließend wurde mit allen vier Gästen darauf eingegangen, wie Deutschland seinen nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat 2019/20 benutzen solle und könne sowie wofür Deutschland sich im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit in der EU einsetzen sollte. Schließlich gab es Zeit für Fragen und Kommentare aus dem Publikum. Dabei wurden die eingeladenen Friedensforscherinnen für ihre klaren Worte und Deutlichkeit in Bezug auf Analyse und Empfehlungen gelobt.  

Johannisnacht 2019

Sommerempfang des Fördervereins und der Evangelischen Akademie Frankfurt

Evangelische Akademie Frankfurt
Dr. Thorsten Latzel, Akademiedirektor
Evangelische Akademie Frankfurt
Pecha-Kucha-Redner/innen aus der Stadtgesellschaft
Evangelische Akademie Frankfurt
Miriam Küllmer-Vogt, Beauftrage der EKHN für den Ökumenischen Kirchentag
Evangelische Akademie Frankfurt
Corinna Bimboese, Direktorin Atelierfrankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Dr. Matthias Alexander, Ressortleiter Rhein-Main-Zeitung, F.A.Z.
Evangelische Akademie Frankfurt
Dr. Christof Schenck, Geschäftsführer Zoologische Gesellschaft Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Carina Kühne, Schauspielerin
Evangelische Akademie Frankfurt
Alon Meyer, Präsident Makkabi Deutschland und Frankfurt

„Trotzdem!“ Ein kleines, unscheinbares Wort. Aber auch ein freiheitsbewusstes Lebensmotto, nicht zuletzt unter Protestant/innen. Auf dem Sommerempfang der Akademie am 28. Juni 2019 hatte es seinen großen Auftritt vor rund 300 Gästen. Direktor Thorsten Latzel nannte es in seiner Moderation sein Lieblingswort, um den christlichen Glauben zu beschreiben. Und auch die acht Pecha-Kucha-Vortragenden in diesem Jahr zeigten sich mit ihren Themen „trotzig“.

Matthias Alexander von der F.A.Z. gab sich große Mühe, sein Publikum von der Schönheit Frankfurts zu überzeugen. Sein amüsanter, ehrlicher Spaziergang durch die Stadt führte entlang an allerlei Architektur-Highlights, aber auch grässlichen Bausünden. Die Schauspielerin Carina Kühne nahm die Anwesenden mit auf einen Schnelldurchlauf durch ihr Leben und erzählte, wie man mit Trisomie 21 eine Fernsehrolle wuppen kann: wenn man sein Talent erkennt und von Kolleg/innen keine Steine in den Weg gelegt bekommt.

Viele der Themen werden noch lange nachhallen. Die Akademie bedankt sich bei allen, die der Johannisnacht mit ihren Beiträgen so viel Leben und Atmosphäre gegeben haben!

Beiträge:

  • „Trotzdem! Ökumenischer Kirchentag in kritischen Zeiten“, Miriam Küllmer-Vogt, Beauftragte der EKHN für den Ökumenischen Kirchentag 2021
  • „TuS Makkabi Frankfurt – sportlich, vielfältig, toleral, familiär und emotional!“, Alon Meyer, Präsident Makkabi Deutschland und Frankfurt
  • „Ohne Leichtsinn ist das Leben keinen Schuss Pulver wert“, Corinna Bimboese, Direktorin Atelierfrankfurt
  • „Das Schöne in Frankfurt – eine Spurensuche“, Dr. Matthias Alexander, Ressortleiter Rhein-Main-Zeitung, F.A.Z.
  • „Trotzdem – Artenvielfalt schützen“, Dr. Christof Schenck, Geschäftsführer Zoologische Gesellschaft Frankfurt
  • „Glücklich und erfolgreich leben – mit Trisomie 21“, Carina Kühne, Schauspielerin
  • „Trotzdem oder gerade deshalb! Warum wir alle etwas tun können“, Anjuli Spieker und Sam Schneider, Junge Akademie Frankfurt
  • Musik von Julia Glotzbach (Saxofon) und Enzo Aprile (Klavier)

Auftakt der 2. Schülerakademie „Europa“

Evangelische Akademie Frankfurt

Die Schülerakademie ist ein Kooperationsprojekt der Evangelischen Akademie Frankfurt, der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung und dem Center for Applied European Studies (Frankfurt UAS) unter der Schirmherrschaft von Herrn Dr. Daniel Röder (Mitgründer von Pulse of Europe). Ziel des Projekts ist es, einen Fachtag von SchülerInnen für SchülerInnen zu ermöglichen, damit die Fragen junger AkteurInnen rund um das politische Thema „Europa“ zur Geltung kommen. Dazu wird jährlich mit einer Partnerschule kooperiert, wodurch SchülerInnen eingeladen werden, sich über einen längeren Zeitraum mit EU und Europa zu beschäftigen und dazu eigene Schwerpunkte und Fragestellungen zu überlegen.

Aufgrund der EU-Wahl in Mai setzten wir dieses Jahr auf ein abgewandeltes Modell des Projekts „Schülerakademie“. Dadurch waren die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Jugendlichen aus der neuen kooperierenden Schule in Vergleich zum letzten Jahr eingeschränkter: Statt eigene Workshops zu konzipieren bestand ihre Rolle darin, das Thema für die Workshops mitzuentscheiden. Auf der anderen Seite kam in Vergleich zum letzten Jahr aber auch eine neue Rolle dazu, nämlich die von „Botschafter“-sein. Um Erkenntnisse weiterzugeben und für eine Auseinandersetzung mit europäischer Politik zu enthusiasmieren, berichteten die mitwirkenden Jugendliche vom Fachtag sowohl bei einer Projektpräsentation in der Schule als auch auf social media.

Insgesamt trafen wir die kooperierende Schulklasse dreimal vor dem Fachtag:  

  • Am 28.2.2019 besuchte Dr. Stina Kjellgren die Schule, führte einen Workshop zur Funktionsweise der EU durch und vereinbarte die Formen der weiteren Zusammenarbeit mit den anwesenden SchülerInnen und Lehrerin.
  • Am 13.3.2019 besuchten die SchülerInnen die Akademie. Sie bekam einen Workshop mit Fokus auf das EU-Parlament und die anstehende EU-Wahl mit Frau Corinna Kartmann vom CAES (Frankfurt AUS) sowie ein Training mit „social-media-Pfarrer“ Hans Genthe.
  • Am 19.6. arbeitete die Schüler/innen zusammen mit dem Öffentlichkeitsmitarbeiter der Akademie, Herrn Jonathan Horstmann, um ihren social-media-Auftrag beim Fachtag vorzubereiten.

Schließlich fand der Fachtag „Ein Parlament für Europa? Wahl- und Folgeanalyse“ am 24.6. statt. Dabei kamen über einhundert Schüler/innen aus ganz Hessen zusammen – von Offenbach bis Hofgeismar. Sie trafen auf Referent/innen aus Wissenschaft, Politik und Praxis; aus dem EU-Parlament, EZB und TU Darmstadt. 

Bericht von der Diskursinsel „Ehrfurcht vor dem Leben: Schlüsselbegriff für nachhaltige Entwicklung“ am 23. September 2019

Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt
Evangelische Akademie Frankfurt

Die „Diskursinsel“[1] zum Gedenken an das Wirken Albert Schweitzers fand am 23. September 2019 in der Ev. Akademie Frankfurt statt. Es fanden sich 45 sehr interessierte und keineswegs nur überalterte Gäste ein, die das Denken und Wirken Schweitzers unter dem Gesichtspunkt der „nachhaltigen Entwicklung“ diskutierten. Die Referenten, Prof. Dr. Werner Zager und Dr. Roland Wolf, führten mit Impulsreferaten in die Thematik ein und standen anschließend als kenntnisreiche Auskunftspersonen zur Verfügung.

Erstaunlich war die Aktualität Schweitzers nach dem Maßstab der 17 „Sustainable Development Goals“. Die Ziele „Frieden“, „Ernährungssicherheit und nachhaltige Landwirtschaft“, „Wasser und Hygiene“, „Armutsbekämpfung“, „Gesundheit“ spielten für Schweitzer zu seiner Zeit eine wesentliche Rolle. Dass er 1953 den Friedensnobelpreis erhielt, belegt sein herausragendes Engagement für den Frieden, das nach dem Wunsch des UN-Generalsekretärs Antonio Guterres als das wichtigste der 17 Ziele an den Anfang der Liste gehört. Eine der auf dem Podium gestellten Fragen lautete: „Wenn sich heute Albert Schweitzer und Greta Thunberg begegnen würden, was hätten sie sich zu sagen?“. Die klare Antwort beider Referenten: Schweitzer würde mit Greta Thunberg für das Klima protestieren und ihr Engagement sehr wahrscheinlich in vollem Umfang bejahen und unterstützen.

Natürlich lässt sich nicht alles 1:1 in die Gegenwart übertragen. Als Albert Schweitzer 1913 nach Lambarene ging, um sein Hospital zu gründen, stand der Kolonialismus in voller Blüte. Der imperialistische Machtrausch der Mächte, der sich gerade auch auf dem Kontinent Afrika in großer Rücksichtslosigkeit und auch Grausamkeit austobte, war in vollem Gange. Auch Schweitzers Äußerungen über die einheimische Bevölkerung Gabuns klingen aus heutiger Sicht abwertend bis rassistisch – selbstverständlich redete er (ganz im Geist der damaligen Zeit) von „Negern“ und „Primitiven“. Auf der anderen Seite hatte er bereits 1905 in seinen Predigten den durch Deutschland verschuldeten Genozid an den Herero heftig kritisiert. Diese Kritik teilten seinerzeit in Deutschland allenfalls im Reichstag die oppositionellen Sozialdemokraten.

So bleibt er einerseits ein Mensch seiner Zeit und andererseits ein Mensch, der seiner Zeit weit voraus war und friedens- sowie entwicklungspolitische Impulse gab, die auch für unser heutiges Handeln noch orientierend sein können. Sein philosophischer Grundsatz der „Ehrfurcht vor dem Leben“ ist dabei besonders hilfreich. Denn überschaut man die Geschichte der Ethik, so lässt sich in vielen Kulturen beobachten, dass am Anfang der Ethik in der Regel die Ausbildung einer Pflichten- und Tugendlehre steht. Im Zuge der weiteren denkerischen Durchdringung des Ethischen entsteht dann „die Nötigung, nach einem letzten und allgemeinsten Prinzip zu suchen, in dem all das verschiedenartige Gute der einzelnen Tugenden und Pflichten wie in einem Hauptnenner gegeben ist“. Als ein solches ethisches Grundprinzip beurteilt Schweitzer die von Jesus verkündete Nächstenliebe. Schweitzers ethisches Grundprinzip der „Ehrfurcht vor dem Leben“ ist nichts anderes als das in die philosophische Sprache übersetzte christliche Liebesgebot. Allerdings kommt noch hinzu, dass das Schweitzer’sche Grundprinzip eine größere Reichweite besitzt, insofern es sich auf alles Lebende bezieht. Genau deshalb kann es auch als Leitmotiv verstanden werden, das hinter den 17 Sustainable Development Goals steht und deren Einheit und nicht-additive Struktur transparent macht.



[1] Als „Diskursinsel“ definiere ich ein plenares Veranstaltungsformat, bei dem sich an fundierte Impulsvorträge eine Podiumsphase mit anschließender Öffnung für das Publikum anschließt.

Streit! - Demokratie

Auftakt der Jungen Akademie Frankfurt

Evangelische Akademie Frankfurt
Bildnachweise: Bauhelm © issaranow/Adobe Stock; Jahrgang 2019 © Evangelische Akademie Frankfurt

Alle Jahre wieder…! Wie alle Jahre wieder war es ein wundervolles Erlebnis, mit ausgewählten jungen Menschen  in ein aufregendes, erkenntnisreiches, lebensveränderndes Projektjahr zu starten. Das erste gegenseitige Kennenlernen beim gemeinsammen Essen, bei geselligen Abenden aber vor allem im gemeinsamen Austausch über unser Kernthema: unsere Demokratie. Wie sprechen wir über politische Themen? Was gibt Anlass zum Streit? Und wie funktioniert politischer Streit überhaupt? Das waren die Fragen zu Beginn des Projekts, denen wir uns im Auftakt gewidmet haben. Der Impuls von Dr. Schlette hat hier zu einer deutlichen Vertiefung beigetragen. Sein Vortrag beinhaltete eine ganze Reihe von philosophischen Gedankengängen, die die Gruppe erstmal sortieren und übersetzen musste – was aber als erste Gruppenleistung hervorragend gemeistert wurde.

 

Im weiteren Verlauf wurde auch über die ersten Ideen für eigene Projekte gesprochen und in einem sehr basisdemokratischen Aushandlungsprozess besprochen, welche 4 Schwerpunkte für das Projektjahr gesetzt werden. Mit diesen Ideen stieg die Gruppe dann in einen Design-Thinking-Prozess ein, um relativ schnell, aus ersten losen Ideen, konkrete Projektskizzen zu erstellen. Es war schön zu beobachten, wie die sehr unterschiedlichen Menschen auf diesen Prozess reagierten und sich anstecken ließen von der Energie, die dieser schnelle methodische Aufbau und Abluaf freisetzt.

Schließlich gab es ein Rahmenprogramm, das viele Möglichkeiten eröffnete, sich gegenseitig kennenzulernen und besondere Erlebnisse miteinander zu haben. Durch diesen Auftakt ist die Gruppe sehr schnell zu einem Team geworden, was sich hoffentlich im weiteren Verlauf der Projektarbeit zeigt.